ZKM | Musik Aktuell
Woche 19 - 23 / 7.05. - 10.06.07
Sendung 1:
Lautsprecherkonzert am Samstag, 28. April 2007 im ZKM_Kubus
1. Francis Dhomont - Brief an den Vater / 2005 / 18 min.
2. Johannes Goebel - Après les Grands Tours / 1993 / 11 min.
3. Melvyn Poore - Study in moving sounds / 1994 / 3 min.
4. Ramón González-Arroyo - De l'Infinito Universo et Mondi / 1996 / 11 min.
5. Sabine Schäfer - TopoPhonie Nr. 4 / 1997/2007 / 8 min.
6. Barry Truax - The Shaman ascending / 2004 / 16 min.
Francis Dhomont - Brief an den Vater
Kafkas berühmter Brief an seinen Vater, den er niemals absendete, sind Grundlage von "Brief an den Vater".
Dhomont wählte aus diesem langen und drohenden Schriftstück nur einige Sätze aus. Sie vermitteln
nicht nur eindrucksvoll die Missstände, unter denen Kafka litt, sondern zeigen besonders den Charakter
ihres Schreibers und die Substanz seiner literarischen Themen.
Mehr als acht Jahre arbeitete Dhomont an einem Werk, das diesem Autor und seinen Schriften gewidmet ist.
Die Aufnahmen für "Briefe an den Vater" enstanden 2002 als Teil dieser jahrelangen Beschäftigung.
Hans Tutschku als Sprecher vermittelt den teils aggressiven, teils intimen und tragischen Inhalt. Seine
Rezitation wurde zu einem wichtigen Teil des Stückes. Enstanden ist ein hybrides Werk, weder reine
Musik noch reines Hörspiel. Das Klangmaterial entstand meist aus der Stimmaufnahme, ist teils narrativ
und nimmt manchmal rein klangliche Eigenschaften an.
Johannes Goebel - Après les Grands Tours
Der Titel "Grand Tour" spielt zwar auf den Zug der europäischen Künstler im 18. und 19. Jahrhundert
nach Rom an. Doch nicht die Sehnsucht der Künstler nach dem mediterranen Italien ist Thema von Goebels
Stück, sondern die fast 2000 Jahre früher stattfindende römische Invasion des Nordens.
Die akustisch-archäologischen Überreste dieser "Grand Tour" bestehen nur aus wenigen Klängen:
Schritten, einem Glockenschlag und kurze Fragmente aus "Germania" von P. Cornelius Tacitus.
Melvyn Poore - Study in moving sounds
Melvyn Poore beschäftigt sich seit Mitte der 1970er Jahre mit der Klangwelt der Tuba als Soloinstrument und
ihrer Interaktion mit elektronischen Klängen. Zu Beginn der 1990er Jahre setzte er sich speziell mit der
Kombination live-Elektronik mit Tuba auseinander. 1992-1994 hat Melvyn Poore am ZKM und anderen Einrichtungen
sein Konzept des METAinstruments entwickelt. "Study In Moving Sounds" ist 1994 am ZKM produziert worden und auf
der CD "Groundwork" bei Random Acoustics erschienen.
Ramón González-Arroyo - De l'Infinito Universo et Mondi
Die Gleichzeitigkeit verschiedener Sprachen in einem musikalischen Fluss kann den Hörenden anregen, seine
eigene Perspektive in der Musik zu verfolgen. Diese Idee, die dem Werk zu Grunde lag, wurde zu einer Komposition
entwickelt, die eine Vielheit an "musikalischen Welten" mit verschiedenen Klangqualitäten, Räumen und
zeitlichen Enwicklungen enthält. Dieser Anlage folgte konsequent die Idee, das Potential an Klarheit und
spezifischen Eigenschaften, welches Raum, Musik und Physik haben, in einem synthetischen Klang zu untersuchen.
Daher wurde das Werk in acht Kanälen angelegt. (Ramón González-Arroyo)
Sabine Schäfer - TopoPhonie Nr. 4
Die 16-kanalige Raumklangkomposition "TopoPhonie Nr. 4", die 1997 anlässlich der Eröffnung des
Hallenbau A des ZKM uraufgeführt wurde, stellt die menschliche Stimme, vom Atemgeräusch bis hin
zum gesprochenen Wort, in all den potentiellen Klangfarbenmöglichkeiten in den Mittelpunkt. Die
außergewöhnlich wandelbaren Stimmklänge der Sängerin und Schauspielerin Salome
Kammer schufen ein reichhaltiges Ausgangsklangmaterial für dieses Werk.
"TopoPhonie Nr. 4" gehört zu einer Werkreihe von Raumklanginstallationen, die aus dem 1990 begründeten
Raumklangkunstprojekt "TopoPhonien" hervorgehen. Charakteristisch für die "TopoPhonien" ist die quasi reale
dreidimensionale, computergesteuerte Bewegung des Klangs im Raum.
Wie in der natürlichen Umgebung ist die Klangbewegung hier fester Bestandteil des "Daherkommens" jeder
einzelnen Klanggestalt, jedes einzelnen Klangfeldes, das sich seinen eigenen Raum schafft im
Durchmessen /-schreiten/ -fließen des architektonischen Raumes. (Sabine Schäfer)
Barry Truax - The Shaman ascending
"The Shaman ascending" beschwört die Vorstellung eines traditionellen Schamenen, der in spiritueller
Ekstase singt. Um den Hörer, der platziert ist in einem Kreis von Lautsprechern, wirbeln die vokalen
Äußerungen in hoher Geschwindigkeit und sich ständig ändernden Klangfarben. Je weiter sich
der Schamane in seiner spirituellen Ekstase bewegt, desto komplexer wird das Werk.
Werk und Titel sind inspiriert von einem Skulpturenpaar des Künstlers John Terriak, das kanadische Inuit
zeigt, und vom "throat singing" der Inuit. Die Gesangsaufnahme stammt vom Bassisten Derrick Christian aus
Vancouver.
Sendung 2:
Am ZKM produzierte Hörstücke
1. Martin Daske - MADA.NCES 1-7 / 1992 / 51 min.
In Koproduktion mit SFB, France culture, Rendez-vous musicale Metz
2. Thomas Schulz - Exis. Agonale/agonische Episoden / 1991 / 51 min.
in Koproduktion mit dem SFB
Martin Daske - MADA.NCES 1-7
In sieben radiophonen Tänzen tauchen Figuren und Konstellationen aus früheren Hörspielarbeiten und
Radiokompositionen wieder auf: "Der alte Mann ist tot. Monsieur Brodka und Carl sind verschwunden. Vier
Ausländer in Paris können sich nicht erinnern. An nichts. Ansonsten geht es um Tänze.
Letzter Teil der Trilogie." (M.D.)
Sendung SFB, France culture Konzert Metz, November 1992
Thomas Schulz - Exis. Agonale/agonische Episoden
Die Klangstudie Exis - Agonale/agonische Episoden ist das Ergebnis wochenlanger Nachforschungen und Ton-Aufnahmen
in einer Berliner Intensivstation. Fasziniert von den Ergebnissen der Sonar-Diagnose bei menschlichen
Gefäß-Erkrankungen (winzige Mikrofone werden durch die Adern geschleust und nehmen die Resonanzen
von Peil-Tönen auf) hat sich Thomas Schulz in die Geräuschwelt des menschlichen Körpers versenkt:
Wenn die Geräusche verschwinden, ist der Tod eingetreten.
Ursendung: SFB, 21.2.1992
Hören Sie Mitschnitte aus dem vielfältigen Konzertbetrieb im ZKM-Kubus sowie künstlerische Eigenproduktionen des ZKM | Institut für Musik und Akustik.