Berichte/Features

Woche 28 - 34 / 9.7. - 26.8.07

Künstlerportait: Sybille Pomorin
Teil 1: Konzert in der Akademie der Künste mit Werken von Hans Martin Olbrisch und Sibylle Pomorin
Teil 2: Künstlerportrait: Sibylle Pomorin

I. Uraufführung von Werken für Kammerensemble, 3 improvisierende Musiker und elektroakustische Zuspielung am 11. und 12. Mai in der Akademie der Künste zu Berlin (in 8-Kanal-Technik - bei der Live-Aufführung)

1. Franz Martin Olbrisch: Cross Creek Road / 2005/06 / 21:15
2. Nonu: Freie ImprovisationNonu / 2006 / 11:32
3. Sibylle Pomorin: Spiegelung / 2005 / 21:01
4. Terry Jenoure: Sand Prayers / 2005/06/ 18:42

mit
Herb Robertson - Trompete, Flügelhorn (New York)
Kim Clarke - E-Bass (New York)
Chris Cutler - Schlagzeug, Percussion (London)
Terry Jenoure - Violine, Stimme (New York)

Kammerensemble mit
Bettina Junge und Erik Drescher - Flöten
Thilo Krigar und Augustin Maurs - Violoncello
Daniel Göritz - E-Gitarre
Claudia Sgarbi - Schlagwerk, Percussion
Leitung: Kevin Beaver


Cross Creek Road
ist der Name einer Straße in Malibu Kalifornien. Die Straße führt durch ein kleines Einkaufszentrum - kaum mehr als ein paar Läden, einige Lokale und als Mittelpunkt eine Grünanlage mit Kinderspielplatz und Springbrunnen. Auf einer quietschenden Schaukel vergnügen sich Kinder und Vögel genießen lautstark das Wasserangebot dieser künstlichen Oase mitten in der kargen Wüstenlandschaft Südkaliforniens. Das seltsame Klanggemisch aus Quietschgeräuschen, Kindergeschrei und dem eigentümlichen Gesang der Redwing-Blackbirds bildet das Ausgangsmaterial für diese Komposition. Allerdings ist die akustische Szene nicht eins zu eins auf die Instrumente übertragen, sondern stattdessen wurden zunächst die wichtigsten Frequenzen extrahiert, zeitlich neu zusammengefasst und den Klangmöglichkeiten der Instrumente angepasst. Das Werk erscheint als eine Art akustische Frottage des Ortes.

Sand Prayers
This work is inspired by the Arizona and New Mexico desert of the American southwest. Expansive vistas of sand and endless variations of single hues against stones, prickly cactus, and dangerously dry, raw heat. The sacredness of land that cannot be tamed, all viewed from this road I travel.
(Terry Jenoure)

II. Künstlerportrait: Werke von Sibylle Pomorin

1. L1014 / 2006 / 14:15
für Schlagszeug Solo
Claudia Sgarbi - Schlagzeug

2. Mo(u)vements / 2001 / 12:49
Elektroakustische Musik
(in 8-Kanal-Technik - bei der Live-Aufführung)

3. Phonismen / 1993 / 16:18
für 2 Violoncelli und Live-Elektronik
Adelheid Schloemann, Thilo Krigar - Violoncello
Sibylle Pomorin - Live-Elektronik

L1014
Die Lust am Geräusch und das Bestreben, durch eine sorgfältig ausgewählte Kombination vorwiegend ungestimmter Percussionsinstrumente eine athmosphärische "Noise-Komposition" zu entwerfen, bilden die Grundlage dieser Arbeit.

Mo(u)vements
entstand während eines 3-monatigen Arbeitsaufenthaltes in der Musikakademie Rheinsberg (Oktober 2001 bis Januar 2002) und besteht aus elektronisch bearbeiteten Klängen, die mir der Berliner Cellist Thilo Krigar zur Verfügung gestellt hat. Die Live-Version der Komposition ist für acht Lautsprecher in kreisförmiger Anordnung eingerichtet. In der Zeit im Schloß Rheinsberg entstanden auch kammermusikalische Stücke für Klaviertrio (vl, vlc, p), die der elektroakustischen Raumklangkomposition gegenübergestellt werden können. Sowohl die elektroakustische Musik, als auch die Komposition für Klaviertrio kann jeweils für sich alleine stehen oder beides zusammen kann in Verbindung mit Videoinstallation (Doerte Meyer) und Lichtinstalllation (Andreas Greiner) als Gesamtwerk von ca. 30 Minuten Dauer aufgeführt werden.

Phonismen
sind sekundäre Hörerfahrungen bei optischen Wahrnehmungen. Die Komposition ist der Versuch, Farbvorstellungen akustisch umzusetzen. Der erste Teil ist von zarten Pastelltönen inspiriert, der zweite von warmen Erdfarben und der dritte von kräftigen, klaren Farben. Jedem Teil sind für die "Farbgebung" charakteristische Intervalle, Parameter, Spieltechniken und elektronische Verfremdungen zugeordnet, die den kompositionstechnischen Rahmen bilden, innerhalb dessen ganz frei, intuitiv und sinnlich drei abstrakte Klangbilder geschaffen wurden. Die Komposition wurde 1993 im Rahmen der Stipendiatenkonzerte im Podewil in Berlin uraufgeführt. (Sibylle Pomorin)

Sibylle Pomorin
(*1956) studierte von 1975 bis 1980 an der Staatlichen Hochschule für Musik in Münster in den Hauptfächern Flöte und Saxophon, gleichzeitig spielte sie in Kammerensembles und Jazzgruppen, für die sie auch komponierte. Seit 1982 tourte sie mit Musikern wie z.B. Peter Brötzmann, Joèlle Léandre, William Parker, Yosuke Yamashita, Chris Cutler und Conny Bauer. 1984/85 hatte sie Kompositionsunterricht bei Ernst Bechert in Hamburg, in den darauffolgenden Jahren nahm sie an Kursen und Seminaren bei Dieter Schnebel, John Tchicai, Alice Shields und Eliane Radigue teil. Sie ist Initiatorin verschiedener Ensembles und Bands, ihre Arbeiten wurden von ihr selbst und anderen Interpreten in ganz Europa sowie in Israel, U.S.A und Australien aufgeführt. Seit 1986 lebt sie als freischaffende Musikerin und Komponistin in Berlin. Sie erhielt Kompositionsaufträge für Festivals, Rundfunk und Theater, zahlreiche Preise und Auszeichnungen und wurde durch Arbeits-und Studienaufenthalte in New York, Istanbul und Mexiko gefördert. Seit 1994 Studien und Produktionen in den Studios des Columbia-Princeton Electronic Music Center in New York, dem Zentrum für Kunst und Medientechnologie in Karlsruhe, der Technischen Universität Berlin und der Nederlandse Programma Stichting in Hilversum/ Niederlande. Zuletzt gewann sie den ersten Preis beim internationalen Kompositionswettbewerb "Soundscapes voor 2000" in Holland. Neben rein kammermusikalischen und elektroakustischen Werken bezieht sie in ihre Arbeit auch Elemente anderer Kunstformen ein (Lyrik, Video- Raum- oder Lichtinstallation) und arbeitet mit Musikern der internationalen Improvisations- und Avantgardeszene zusammen.
Sibylle-Pomorin

Terry Jenoure
wurde in der Bronx in New York geboren und wuchs dort in einer puertorikanisch-jamaikanischen Familie auf. Im Alter von acht Jahren begann sie Geige zu spielen. Ihren Stil schreibt sie ihrem kulturellen Erbe, Reisen rund um die Welt, und ihrer Leidenschaft für musikalische Abenteuer zu. Egal ob sie als Bandleiterin durch Europa, Südamerika, Kanada oder durch die Vereinigten Staaten reist, oder mit Innovateuren wie Leroy Jenkins, Henry Threadgill, Butch Morris, John Carter, Archie Shepp, Elliot Sharp, Reggie Workman und anderen arbeitet, ihre Vorgehensweise ist unverkennbar. Jenoure hat viele akademische Titel: einen Masters und einen Doktortitel in Erziehungswissenschaft, und einen Bachelors in Philosophie. Außerdem hat sie in Israel, Mexiko, Südafrika und Indien unterrichtet. Des weiteren hat sie noch mehrere Stipendien von der Nationalen Stiftung für die Künste (National Endowment for the Arts) und der Neuengland Stiftung für die Künste (New England Foundation for the Arts) erhalten. Terry Jenoures Aufführungen tragen die Kennzeichen einer bereisten Frau - Musikerin/Komponistin, Autorin, Malerin, und Professorin - ihr künstlerisches Leben ist reich durchwoben von farbenfrohen Fäden!
Terry Jenoure

Franz Martin Olbrisch
(*1952) studierte von 1979 bis 1985 an der Hochschule der Künste Berlin das Hauptfach Komposition. Bereits während seines Studiums erhielt er seine ersten Auszeichnungen. Zahlreiche Arbeitsstipendien führten ihn nach Italien zum ZKM in Karlsruhe, zur Heinrich-Strobel-Stiftung in Freiburg, zur Paul Sacher Stiftung in Basel, zur Villa Aurora in Los Angeles und in die Cité Internationales des Arts Paris. Von 1986 bis 1996 war er Lehrer für Musiktheorie an der Kirchenmusikschule der Landeskirche Berlin-Brandenburg. Seit 1988 unterrichtet er die Fächer Komposition und Studiotechnik an der Universität der Künste und der Technischen Universität in Berlin. Darüber hinaus war er seit 1990 regelmäßig Dozent bei den Internationalen Ferienkursen für Neue Musik in Darmstadt. Seine Werke wurden bei wichtigen internationalen Festivals wie den World Music Days in Yokohama und Stuttgart aufgeführt und von Veranstaltern wie den Donaueschinger Musiktagen, den Wittener Tagen für neue Kammermusik, den Internationalen Darmstädter Ferienkursen, der Musik-Biennale Berlin und den Inventionen Berlin in Auftrag gegeben. Zu den Interpreten seiner Werke zählen Ensemble wie das Radio-Sinfonieorchester des SWR, das HR-Sinfonieorchester, das Arditti String Quartet, das Ensemble Recherche und die Musikfabrik NRW. Neben seinen Instrumentalkompositionen schrieb er zahlreiche radiophone und elektroakustischen Werke, schuf verschiedene Klanginstallationen und intermediale Environments und seit einiger Zeit vermehrt visuelle Arbeiten, die er auf verschiedenen internationalen Videofestivals präsentierte.
Franz Martin Olbrisch


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