sounds only

Woche 25-30 / 16.06. - 27.07.08

Portrait Mesias Maiguashka mit folgenden Werken:

01. Übungen / 1973 / 14:10
02. ...unvermindert weiter... / 1993 / 10:41
03. The Spirit Catcher / 1993 / 10:42
04. The Nagual / 1993 / 10:07
05. The Tonal / 1993 / 12:10
06. The Wings of Perception / 1993 / 12:52
07. Tiefen / 1998 / 20:19
08. Holz arbeitet II / 2005 / 13:43
09. La Noche Ciclica II / 2007 / 11:49

Übungen / 973 / 14:10
für Violoncello und Synthesizer
Gaby Schumacher, Cello
Mesias Maiguashca, Synthesizer

"The creative individual (in wrestling with his medium) is supposed to experience a joy which balances, if it does not overweight, the pain and anguish which accompany the struggle to exppress himself." Henry Miller
Die Stimme des Interpreten besteht aus einer Folge von isolierten, jedoch sehr homogenen Ereignissen.
Der Interpret muß von einem Ereignis zum nächsten ‘interpolierend’ improvisieren und schafft somit eine sehr KONTINUIERLICHE Textur. Der Synthesizer, (ein AKS, ein ‘oldie’, der erste Klassiker der Analog-Synthesizer, vor allem im Bereich der Live-Elektronik) verfremdet den Originalklang so:
1. daß die Verfremdung begleitend, ornamentierend wirkt;
2. daß die Verfremdung und der Originalklang gleich wichtig, polyphonisch, wirken;
3. daß die Verfremdung den Originalklang völlig überschattet.
Tonträger: Produktion K.O. Studio

...unvermindert weiter... / 1993 / 10:41
für Bratsche und Akkordeon, Version für Cello und Acordeón
Volker Rausenberger, Akkordeon
Gaby Schumacher, Cello

'...unvermindert weiter...' sagt uns der Nachrichtensprecher, '...gehen die Kämpfe'.
Etwa in Bosnien.
In sachlich- und korrekt vorgetragener Sprache und mit bester Bild- und Tonqualität, erfahren wir, daß
der Mensch (wieder einmal) zum Wolf des Menschen wird.
Wir dürfen nicht mehr sagen, wir hätten es nicht gewußt.
Tun können wir anscheinend nichts.
Still trauernd uns dem Alltag widmen?

The Spirit Catcher / 1993 / 10:38 für Cello und Live-Elektronik / Gaby Schumacher, Cello, Mesias Maiguashca, Live-Elektronik
The Nagual / 1993 / 10:07 für Metallobjekte und Tonband / Tanja Müller, Mesias Maiguashca, Klangobjekte
The Tonal / 1993 / 12:10 für Metallobjekte, 2 Spieler / Tanja Müller, Mesias Maiguashca, Klangobjekte
The Wings of Perception / 1993 / 12:52 für Streichquartett und Tonband / Streichquartett Oeldorf

Diese Kompositionen sind vier von 6 Kompositionen des Zyklus READING CASTANEDA, die zwischen 1980 und 1993 entstanden sind. Der Zyklus wurde 1993 in der Multimediale 3 des ZKM in Karlsruhe uraufgeführt.
Technischer Ausgangspunkt des Zyklus war eine Metallkonstruktion, ein KLANGOBJEKT. Dieses 'Instrument' besteht aus einem Gerüst, woran Metallobjekte an Nylonfäden aufgehängt werden; diese
werden dann mit Bogen bzw. Schlägel ‚gespielt‘ und mittels Kontaktmikrophone verstärkt. Die durch
dieses Instrument erzeugte Klangwelt war äußerst vielfältig und für mich faszinierend.
Die Analyse dieser Klänge gab mir einen Einblick in ihre Struktur und regte mich über mehrere Jahre an, verschiedene Werke zu komponieren.
Parallel zu dieser Arbeit las ich die vier ersten Bücher von Carlos Castañeda über die Praxis der Zauberei bei den Yaqui-Indianern in Mexico. Die anthropologische Authentizität dieser Texte wird von Fachleuten in Frage gestellt. Trotzdem bleiben sie eine äußerst anregende Lektüre, nicht zuletzt wegen der wundervollen Beschreibungen von Klang, Zeit, Raum und Licht. Die Kompositionen des Zyklus sind keine Vertonungen; es gibt wenig Beziehungen zwischen Text und Musik. Viel eher könnte man diese Kompositionen als Kommentare, als eine Art "Pausenmusik" zur Lektüre der Bücher verstehen.
The Tonal besteht nur aus Klängen des Klangobjekts von zwei Musikern nach vorgegebenen Regeln improvisiert.
In The Wings of Perception spielt ein Streichquartett zu einer Montage mit Klänge des Klangobjekts. Das Streichquartett wird als ein 'Klangobjekt-live' behandelt.
In The Nagual ensteht ein Dialog zwischen den „live“ gespielten Klängen der zwei Spieler und den Klängen eines „virtuellen Klangobjekts“, von einem Tonband wiedergegeben.
In The Spirit Catcher liefern 5 Spektren das Tonmaterial für Tonband und Solist. Eine Max-Msp Schaltung prozessiert den Klang des Instruments. Zweck der Schaltung ist es, eine gewisse Instabilität,
eine gewisse Irrealität des Instrumentaltons zu erzeugen.

Tiefen / 1998 / 20:19 für 8 Lautsprecher
Seit Anfang der achtziger Jahre habe ich mich mit einer Art Instrument, einem Klangobjekt beschäftigt, das von Andrea Atlanti und mir entworfen und in verschiedenen Arbeitsphasen weiterentwickelt wurde.
Die Uridee dieses Instruments kann so beschrieben werden: am unteren Ende einer hängenden, dünnen Metallplatte wird ein Faden (zum Beispiel aus Nylon) befestigt. Mit einem Bogen streicht man über diesen Nylonfaden, den man mit der anderen Hand gespannt hält. Die Vibrationen setzen die Metallplatte in Bewegung, ein Kontaktmikrophon verstärkt die Schwingungen und leitet sie zu Lautsprechern. Man kann auch die Metallplatten direkt mit verschieden Schlägeln bearbeiten. Die durch dieses Instrument erzeugte Klangwelt ist äußerst vielfältig und faszinierend. Sie hat ihren musikalischen Ausdruck in dem Zyklus Reading Castañeda (1983-1993) gefunden.
1995 kam ich mit der Arbeit von C. Cadoz in Kontakt. Mit "Genesis", einem "physical modelling"- Programm von ACCROE, Grenoble, war ich in der Lage, eine Computerschaltung zu entwerfen, die sich an dem Prinzip der Klangerzeugung durch das Klangobjekt orientierte. Wie ein Geigenbauer konnte ich dann aus diesem Ur-Instrument verschiedene Modelle anfertigen und mich dabei auch beliebig weit von dem Ur-Modell entfernen. Sämtliche Klänge aus TIEFEN stammen aus dieser Instrumentenfamilie.
TIEFEN wurde in den Studios des ZKM, Karlsruhe, abgemischt, und zwar unter Verwendung einer von Pierre Duttilleux und mir entworfenen Schaltung zur Verräumlichung von Klängen. Die Stereo Version wurde im K.O. Studio Freiburg produziert.
Ein Gedicht (Tiefen) von Gabriel Maiguashca liegt dieser Komposition zugrunde.

Holz arbeitet II / 2005 / 13:43 für Holz-Klangobjekte und Elektronik / Holz-Klangobjekte: Gabriel Maiguashca / Holz-Objekte: Johannes Fischer, Mesias Maiguashca / Electrónica: Roland Breitenfeld
Ab Mitte des XX. Jahrhunderts werden unharmonische und geräuschhafte Klänge in die europäische Musiksprache integriert. Die Bezeichnung „Note“ kann diese Klangereignisse nicht korrekt beschreiben, man spricht nun von „Klangobjekten“. Obwohl auch konventionelle „Instrumente“ solche Klänge erzeugen können (wie etwa in der musique concrète instrumentale) wurde ab diesem Moment der Raum frei für die Konstruktion von (akustischen und virtuellen) Schallerzeugern, die eben nicht „Noten“ produzieren sondern auch jede andere Art von Klängen. Ein „Klangobjekt“ ist für mich zugleich der Schallerzeuger selbst als auch der Klang, der damit produziert wird. Ein erstes solches Klangobjekt habe ich vor etwa 15 Jahren mit verstärkten Metallteilen konstruiert und damit mehrere Kompositionen gestaltet. Gabriel Maiguashca hat eigene Holzobjekte kreiert, diese werden an einem Gerüst aufgehängt und mikrophoniert.
Neuartige Klänge verlangen neue Improvisations- und Kompositions- Methoden. Eine aufregende Reise.
In Holz arbeitet II wird der Klang in einem Computer prozessiert und zwar mit einem virtuellem Klangobjekt: akustische und elektronische Klangobjekte bedingen sich gegenseitig.
Uraufführung: 26 November, Gimmick, Köln

La Noche Ciclica II / 2007 / 11:49
für Violine, Cello, Klavier und Marimba und 4 Envelopefollower
Ensemble SurPlus, Freiburg, Leitung, James Avery

Die Komposition besteht aus 2 Schichten:
1. Ein rhythmisches Geflecht entsteht aus der Überlagerung von 4 Mustern aus "rhythmischen Obertonreihen": eine Periode wird in 2 bis 32 Teile geteilt. Sie bilden dann zusammen verschiedene von
sehr einfachem bis sehr kompliziertem Muster, auch "rhythmische Schwebungen", wenn die Frequenzen benachbart sind.
2. Eine ältere Komposition von mir, eine Fraktalkalkulation, wird in vier Kanäle von einer CD eingespielt. Die Kalkulation wird nur dann gehört, wenn das dem Kanal zugeordnete Instrument spielt: das Instrument wirkt wie ein Schalter, besser noch, wie ein Hüllkurvengenerator. Die alte Komposition wird durch die Brille der neuen gehört.
"Volverá toda noche de isomnio, minuciosa..."
J.L. Borges: de la "Noche Cíclica"

Mesias Maiguashca
Geboren am 24.12.1938 in Quito, Ecuador. Musikalische Ausbildung am Conservatorio de Quito, der Eastman School of Music (Rochester, N.Y.), dem Instituto di Tella (Buenos Aires) und an der Kölner Musikhochschule. Produktionen im Studio für Elektronische Musik des WDR (Köln), im Centre Européen pour la Recherche Musicale (Metz), im IRCAM (Paris), im Acroe (Grenoble) und im ZKM (Karlsruhe). Lehrtätigkeit u.a. in Metz, Stuttgart, Karlsruhe, Basel, Sofía, Quito, Cuenca, Buenos Aires, Bogotá, Madrid, Barcelona, Györ y Szombathely (Ungarn). Aufführungen bei den wichtigsten europäischen Festivals. Ab 1990 Professor für Elektronische Musik an der Musikhochschule Freiburg bis der Pensionierung in 2004. 1998 gründete er mit Roland Breitenfeld das K.O.Studio Freiburg, eine private Initiative für experimentelle Musik. Lebt seit 1996 im Raum Freiburg.
www.maiguashca.de


Hier werden Produktionen aus Archiven der Elektroakustischen Musik, wie z.B. dem Archiv der DEGEM oder dem IDEAMA- und dem DEGEM-Archiv des ZKM, dem Archiv des elektronischen Studios der TU Berlin sowie anderen internationalen Archiven und Dokumentationen elektroakustischer Kunst unter verschiedenen Aspekten präsentiert.