C) Konzerte / Mitschnitte
Juni / Juli 2013
Karlheinz Stockhausen: Über die Synthese von Instrumentalmusik und Elektronischer Musik…
…anlässlich des Konzertes von musikFabrik und den Kölner Vokalsolisten unter der Leitung von Enno Poppe in der Kölner Philharmonie im Rahmen von ACHT BRÜCKEN am 12.Mai 2013.
01 O-Töne / 27:05
zur Probenarbeit von Enno Poppe und zwei Sängern der Kölner Vokalsolisten (Irene Kurka und Martin Lindsay) sowie Probenmitschnitte von musikFabrik und den Kölner Vokalsolisten
Mitwirkende: Ensemble musikFabrik, Kölner Vokalsolisten, Enno Poppe (Leitung)
Probenausschnitte: MIXTUR und MIKROPHONIE II von Karlheinz Stockhausen
Sonstige Ausschnitte: MIKROPHONIE I von Karlheinz Stockhausen
02 MIXTUR / 27: 03
Karlheinz Stockhausen: MIXTUR (1964) für Orchester
03 O-Töne Karlheinz Stockhausen / 5:00
(Quelle: Stockhausen "…ich werde die Töne" 1971, Elektronische Musik 1972, 2 Interviews. Erschienen im Stockhausen Verlag)
aus Texte zur Musik Band III , 1963-1970, DuMont Buchverlag Köln:
Nach der Komposition KONTAKTE für Elektronische Klänge, Klavier und Schlagzeug, in der auf Tonband gespeicherte Elektronische Musik zum Spiel von 2 Instrumentalisten synchron über Lautsprecher wiedergegeben wird, suchte ich nach engeren Verbindungen von Elektronischer und instrumentaler Musik. 1964 schrieb ich die MIXTUR für Orchester, 4 Sinusgeneratoren und 4 Ringmodulatoren und unmittelbar danach die MIKROPHONIE I für Tamtam, 2 Mikrophone, 2 Filter und Regler. 1965 folgte die MIKROPHONIE II für Chor, Hammondorgel und Ringmodulatoren. (…)
In den KONTAKTEN für elektronische Klänge, Klavier und Schlagzeug, die ich 1959/60 komponierte, wird ein 4spuriges Tonband mit Elektronische Musik während des Spiels von 2 Instrumentalisten über Lautsprecher wiedergegeben. Das Tonband läuft von Anfang bis Ende ununterbrochen durch; die Musiker lesen die Partitur, in der die Elektronische Musik genau verfolgbar ist, und sie spielen die ebenfalls bis ins kleinste Detail notierten Instrumentalpartien. (…)
Seitdem ließ mich jedoch der Gedanke nicht los, Elektronische Musik und Instrumentalmusik auf eine noch engere Weise miteinander zu verbinden, vielleicht sogar eine Lösung zu finden, in der eine unauflösbare Verschmelzung und Ruckkopplung zwischen den beiden Bereichen stattfände. Ich hatte schon einige Male seit 1960 verschiedene Prozesse einer Klangerzeugung durch Instrumentalisten und einer gleichzeitigen Klangtransformation durch – ebenfalls von Musikern bediente – elektronsiche Apparaturen (mit gleichzeitiger Lautsprecherwiedergabe) theoretisch formuliert und auch den Teilnehmern meiner Kompositionskurse vorgeschlagen: als eine mögliche Synthese von Instrumentalmusik und Elektronischer Musik.
Karlheinz Stockhausen im Vorwort zu MIXTUR 2003
(erschienen im Stockhausen Verlag):
"Im Jahre 1964 komponierte ich die MIXTUR für Orchester, 4 Sinusgenera- toren und 4 Ringmodulatoren mit der Werknummer 16. (…) An zahlreichen Einstudierungen war ich beteiligt und führte die Klangregie. Dabei wurden viele Änderungen und Ergänzungen notwendig, vor allem in Dynamik, Reihenfolge der Tonhöhen, Klangfarben, Tontechnik, Aufführungspraxis.
Seit vielen Jahren hatte ich die Absicht, eine neue Partitur zu schreiben, in der alle Erfahrungen berücksichtigt würden. Diese schrieb ich im Jahre 2003 mit dem Titel MIXTUR 2003 für Orchester (Werknummer 16ˇ). MIXTUR ist der Anfang der live-elektronischen Orchestermusik und hat das Bewußtsein von elektronischer Klangtransformation geprägt. Was die Ringmodulation betrifft, so habe ich außer der ursprünglichen analogen Technik mit Hörkontrolle und Handbedienung der Sinustonsteuerung auch Aufführungen mit Digitaltechnik und programmierter Einstellung der Sinusfrequenzen und Glissandi erlebt und ziehe bis jetzt (2003) die “alte” Technik vor. Besonders die Frequenzeinstellung, Frequenzänderung, Aus- führung der Glissandi nach Gehör von guten Musikern im Zusammenspiel mit dem Dirigenten hat ihre besondere Qualität. Was die Klangmischung angeht, so muß der Klangregisseur sehr viel nach Gehör regeln und die Balance der 5 Gruppen bei allen Proben üben. Bei der Regelung der übergeordneten Lautstärke kann er die resultierenden Hüllkurven unterstützen. Dazu ist ein Mischpult mit 8 VCA-Reglern sehr nützlich. Der Gesamtklang soll voll, räumlich plastisch sein. Hierzu ist es notwendig, die vorderen Lautsprecher nicht über den Bühnenrand, sondern weiter zurück über das Orchester zu hängen und die hinteren Lautsprecher zu spreizen, wie in der Zeichnung Seite V angegeben. Orchester und ringmoduliertes Orchester sollen gleich laut klingen, eher noch ringmoduliert etwas lauter. Vor allem die tiefen Ringmodulationen, die als Rhythmus gehört werden sollen, müssen möglichst stark sein.