Berichte | Die HyperKult_22 an der Leuphana UniversitŠt in LŸneburg

 

Oktober / November 2013

 

Leuphana UniversitŠt LŸneburg, Hyperkult 22

Es diskutieren Prof. Dr. Martin Warnke, Prof. Dr. Rolf Gro§mann mit Michael Harenberg

Mit gesprochenen Twitter Tweets als kŸnstlerische Verdichtungen wŠhrend der Konferenz von Hartmut Sšrgel.

Zum nachlesen auf Twitter: @HyperKult_XII

http://www.leuphana.de/institute/icam/forschung-projekte/hyperkult/hyperkult-22.html

 

Titelreihenfolge:

1_Hyperkult_Disk_1, Diskussion Block 1

2_TopoPhonieNr.3, Sabine SchŠfer, TopoPhonien Nr. 3

3_Hyperkult_Disk_2, Diskussion Block 2

4_Behrens_Heyduck, Plastic/Metal

5_Hyperkult_Disk_3, Diskussion Block 3

6_CodeCruncher_1, Gro§mann, Idensen, Stockhausen, Harenberg,

7_Hyperkult_Disk_4, Diskussion Block 4

8_CodeCruncher_2, Gro§mann, Idensen, Stockhausen, Harenberg,

9_Hyperkult_Disk_5, Diskussion Block 5

10_Fiedler/Harenberg, ãDas pythagorŠische KommaÒ,

11_Hyperkult_Disk_6, Diskussion Block 6

12_StillePost, h-peh ãshellout sessionÒ

 

zu 1:

HyperKult XXII

Computer als Medium

 

Standards, Normen, Protokolle

4.-6. Juli 2013

 

Centre for Digital Cultures

Medien- und Informationszentrum und

Institut fŸr Kultur und €sthetik digitaler Medien der

Leuphana UniversitŠt LŸneburg

 

www.leuphana.de/hyperkult

 

veranstaltet von der

Gesellschaft fŸr Informatik e. V. (GI), FG "Computer als Medium"

FB Informatik und Gesellschaft

 

Das Programm des Workshops

Es gibt nichts Langweiligeres unter der Sonne als Normen und Standards. Protokolle sind etwas fŸr Royals und angehende DebŸtanten des Wiener Opernballs.

Das Internet allerdings funktioniert in seiner netzneutralen Fassung nur unter der dršgen Observanz der Protokolle, die von den pickligen JŸnglingen der Netz-PubertŠt noch Ÿber RFC, Request for Comments, auf dem schŸchternsten aller Wege zu Stande kamen. Es kam das Internet in die Welt, als Triumph von TCP/IP, mit zwei mal "P" fŸr "Protokoll". Das mochten die Konzernherrn aus Paris, New York, Bonn nicht gern, mussten sich aber dennoch beugen. So viel zum vorlŠufigen Sieg der Graswurzel-Idee des Internet in Form von Normen, Standards und Protokollen. Es scheint allerdings unklar, ob die ProprietaritŠt nicht vielleicht doch die Oberhand gewinnen kšnnte, und das ganze schšne partizipative Internet wŠre dahin.

Es wŠre dann nicht das erste Mal, dass Firmenmacht Ÿber Normen, Standards und Protokolle gesiegt hŠtte, die in diesem Lichte nun wieder als die Horte demokratischer Teilhabe und Ergebnisse eines herrschaftsfreien Diskurses gelten kšnnten. Selbst beim Datenschutz kann man sich Dank gŸltiger Rechtsnormen, einstmals heroisch erstritten, in geregelten europŠischen DatenhŠfen sicherer fŸhlen als im "safe harbour" Californischer Datenprozessierer, die die lŠngste Zeit und schon lange nicht mehr von Hippies betrieben wurden.

Doch manche Standards sind auch unbestritten extrem erfolgreich: MIDI, ISO/OSI, DIN und die Bohrung von Colts.

Welche Rolle spielen Standards, Normen und Protokolle fŸr die Strukturbildung der NŠchsten Gesellschaft? Sind Protokolle nicht vielleicht doch ihre wichtigsten Medien, und der lange Marsch durch die Institutionen mŸsste heute durch die Normungskommissionen verlaufen? Welche Bedeutung haben das W3C, welche die ICANN, die WIPO? Wo, bitteschšn, scheint denn eine neue Anarchie auf, die alle diese verknšcherten Regularien, wenigstens fŸr kurze Zeit, zum Teufel schickte?

----------------------------------------------------------------------------------------

 

zu 2:

Sabine SchŠfer, ãTopoPhonie Nr. 3Ò

Werktitel (Entstehungsjahr): TopoPhonie Nr. 3 (1996)

Dauer: 12 ́30 ́ ́

Anzahl der KanŠle / Besetzung: 8 KanŠle / 8 Lautsprecher

Gattung: begehbare Raumklanginstallation

Das Werk kann auch konzertant aufgefŸhrt werden.

Angaben zu den abgespeicherten Spuren / Audio-Files:

Format: .aif / 16 bit / 44.1 kHz

Anzahl und Gruppierung der Spuren:

Spur 1 – 8: ãTopophonieNo3_01.aifÒ – ãTopophonieNo3_08.aif Ò ¥ 8-gliedriger Lautsprecherkreis

Werkangaben und Kommentar

TopoPhonie Nr. 3 (1996)

8-kanalige Raumklangkomposition

fŸr einen begehbaren RaumklangKšrper

Komposition, Produktion, Programmierung, Rauminszenierung: Sabine SchŠfer Klangsteuerungstechnik: Sukandar Kartadinata

Auftragswerk des ãWarschauer HerbstÒ

Ausstellungspremiere: 1996 Museum Sztuki Warschau - Centre for Contemporary Art im Rahmen des ãWarschauer HerbstÒ / 39. Internationales Festival fŸr Zeitgenšssische Musik Warschau

Werktext:

Die Raumklanginstallation TOPOPHONIE Nr.3 geht aus dem Raumklangkunst-Projekt TOPOPHONIEN hervor. TOPOPHONIEN sind computergesteuerte Raumklanginstallationen, bei denen die Lautsprecher im Raum verteilt sind und eine Matrix bilden, eine Spur, Ÿber die der Klang "in den Raum gesetzt" bzw. "im Raum bewegt" wird. Neben Tonhšhe, Rhythmus und Klangfarbe tritt hier die rŠumliche Bewegung des Klangs als vierter struktureller Parameter hinzu.

 

Das Raumklangkunst-Projekt ãTopoPhonienÒ von Sabine SchŠfer / www.topophonien.de Archivierung der Werke am IMA des ZKM 2007

TopoPhonie Nr. 3 (1996)

Die Raumklanginstallation TOPOPHONIE Nr.3 geht aus dem Raumklangkunst-Projekt TOPOPHONIEN hervor.

TOPOPHONIEN sind computergesteuerte Raumklanginstallationen, bei denen die Lautsprecher im Raum verteilt sind und eine Matrix bilden, eine Spur, Ÿber die der Klang "in den Raum gesetzt" bzw. "im Raum bewegt" wird. Neben Tonhšhe,

Rhythmus und Klangfarbe tritt hier die rŠumliche Bewegung des Klangs als vierter struk- tureller Parameter hinzu.

†ber das kreisfšrmig angeordnete, achtgliedrige Lautsprecherensemble der TOPOPHONIE Nr.3 bewegen sich KlŠnge unterschiedlichster Art. Die wiederkehrenden stringenten kreisfšrmigen Bewegungen wirken wie akustische Markierungen und evozieren GefŸhle der Umzingelung. Klang-Phantasmen bevšlkern den Raum und laden ihn mit QualitŠten auf. Elektroakustischer Klang, Instrumentalklang, menschliche Stimmen und GerŠusche sind miteinander verwoben und lassen einen eigentŸmlichen Sprachcharakter entstehen, der die Grenzen flie§end werden lŠsst und sich zwischen den traditionellen Genres wie elektroakustische Musik, Hšrspiel und Musique Concrte ansiedelt.

----------------------------------------------------------------------------------------

zu 4

Nikolaus Heyduck, Marc Behrens

Plastic / Metal

ÈHyperKult 14Ç

AudioKult und Hypersound?

€sthetik und Kultur digitaler Audiomedien

veranstaltet von der

Fachgruppe ÈComputer als MediumÇ

im Fachbereich ÈInformatik und GesellschaftÇ der Gesellschaft fŸr Informatik e.V

UniversitŠt LŸneburg

14.-16.7.2005

 

 

"Plastic Metal" is a collaboration project by German sound artists Marc Behrens and Nikolaus Heyduck.

Years after they first met, Behrens and Heyduck realized that each of them independently had been working on the same kind of material, such as plastic bags, bubblewrap, chocolate, medicine, and toy packages.

Heyduck had made several sound and video installations, Behrens had composed "Scenes for Contraction" in 1999 (released on his solo CD "Contraction").

Their first duo performance with a joined pool of this type of material took place inside one of Heyduck's installations in the year 2000. For the second performance they used a box filled with plastic material and an integrated handheld videocamera equipped with stereo microphones, thus "playing" the plastic inside...

The Metal piece was initiated when Heyduck helped to clean Behrens' cellar one day in 2001. He found two steel drumsets that Behrens had built in 1991 and left to oxidate in a remote angle.

The artists decided to reactivate these instruments for another collaborative project. An extensive recording session and successive digital processing resulted in the basic material used for two performances in 2002 and 2004.

Both pieces of this release are products of an evolutionary process - an interaction of sound recordings and physical objects exposed to a live concert situation, and further elaboration to create a concise composition in CD format.

Nikolaus Heyduck is an artist working with audiovisual media since 1978. He studied art in the 1980s and composition in the early 1990s.

Marc Behrens is perhaps best classed as a "sound artist", working internationally across performance, installation, and recorded media (audio and video).

Wir dokumentieren eine Aufnahme der Tage fŸr Neue Musik an der Akademie fŸr Tonkunst Darmstadt am18.2.2004.

----------------------------------------------------------------------------------------

zu 6 / 8

CodeCruncher

Rolf Gro§mann, Heiko Idensen, Simon Stockhausen, Michael Harenberg

CodeCruncher - Multimediaevent 1999

Zwischen Transformation und Kommunikation

Als Number Cruncher gedacht, ist der Computer lŠngst zum Code Cruncher gewoden. Der Zahlenfresser, der wŠhrend des 2. Weltkriegs bereits Codes knackte, nŠmlich den VerschlŸsselungscode der deutschen U-Bootflotte, war ursprŸnglich zustŠndig fŸr die Verarbeitung des techcode, fŸr die Kalkulation mathematischer und technischer Zeichen. Auch heute scheint er nichts anderes zu tun: ein bŸrokratischer Verwalter des unter den multimedialen OberflŠchen floatenden digitalen Codes. OberflŠchen, Interfaces und Programme sind jedoch wie der Computer selbst sedimentierte kulturelle Artefakte. In ihren konkreten Strukturen und Erscheinungsformen, vollgesogen mit dem cultcode gesellschaftlich-kultureller Semantik transformieren die Automaten und ihre Operatoren den kulturellen Code. Bevor die Bitstruktur an die OberflŠche des Apparats zu seinem (Be-)Diener und so zu Information und Bedeutung gelangt, wird sie von den internen techcodes und cultcodes der Programme transformiert, variiert, zerstŸckelt, de- und rekonstruiert.

Dieser Proze§ droht im an Effizienz, Rationalisierung und Operationalisierung orientierten Diskurs um virtuelle Lernumgebungen, Datenautobahnen und 'Informations'gesellschaft in den Hintergrund zu treten. Dass die reine Vernunft der Industriegesellschaft ihren dialektischen Counterpart mit Irrationalismus und mythischer VerklŠrung des Rationalen und Rationellen selbst in sich trŠgt, ist seit dem bŸrokratisch prŠzisen Versuch der 'Endlšsung' und seit Theodor W. Adornos "Dialektik der AufklŠrung" nichts Neues. Soweit aufgeklŠrt scheint die Medienwelt vernetzter digitaler Medien leicht handhabbar. Doch solange das Internet als channel eines personal TV verkauft wird, solange das Potenzial dieser Medien durch alte Mediengewohnheiten systematisch verkannt wird, bleiben die hellen und die "dunklen Seiten ihrer Macht" (Luc Skywalker) jenseits der Wahrnehmbarkeit. Multimedia ist mehr als das Abrufen informativer Medienschnipsel, reizvolles Homeshopping oder attraktives computer-based training ... .

Die Performance CodeCruncher ist Experiment, kŸnstlerisch-wissenschaftliches Sensorium, eine McLuhansche Sonde in rational schwer zugŠngliches Gebiet. Das digitale Medium âSchriftÔ liefert Medienmaterial. Digitale Maschinen verschalten Sinnesebenen auf Programmbefehl. Also befehlen wir. Die "Eigenwelt der Apparatewelt" (David Dunn) und die Intentionen der menschlichen Operatoren verschrŠnken sich zu einer hybriden technokulturellen Einheit.

ÈDas Universum, das andere die Bibliothek nennen, setzt sich aus einer undefinierten, womšglich unendlichen Zahl ineinander verschachtelter Bildschirme zusammen ...Ç

(Idensen/Krohn, Die imaginŠre Bibliothek)

Die sprachlichen Codes und Zeichensysteme erfahren unter den Einwirkungen der Digitalmedien weitreichende Transformationsprozesse: digital kodiert werden die sprachlichen Zeichen, die ihrerseits schon TrŠger von Daten und Informationen, aber auch von poetischen Bildern, metaphorischen Verdichtungen, Sprachspielen etc. sind, selbst zum ÕInhaltÕ einer fluiden, flŸchtigen, abstrakten Re-Mediatisierung, die verschiedene kulturhistorische Aufschreibesysteme durchlŠuft: In den oralen Kulturen verlassen die Worte als stimmlicher Hauch den sprechenden Mund, gerinnen dann in der Phase der Handschrift zur verkšrperlichten Schrift-Spur, lŠuten dann als vollends externalisierte Typen mit der Revolution des Buchdrucks die industrielle Produktionsweise ein und zirkulieren jetzt in den vernetzten Digitalmedien vollkommen losgelšst von den MŸndern, HŠnden, menschlichen Sprechwerkzeugen und Organen als Datenpakete zwischen Servern, Festplatten, Datenbanken, Bildschirmen, Mailboxen ...

... befreit von materiellen TrŠgern (wie Stein, Tafel, Papyrus) verkehren und zirkulieren die Worte im Dokuversum der Netzwerkkultur nicht nur unabhŠngig von Sprechern und Autoren ('ohne Absender'), sondern sogar adressatenlos im Netz - jenseits der klassischen Trias von Sender-Code-EmpfŠnger, dem Paradigma der Massenkommunikation.

Damit vermischen sich die reinen sprachlichen Codes (wie sie etwa im ASCII-Code genormt sind) mit Programm-, Sub- und Metakodierungen (etwa in Markup-Sprachen wie HTML, Perl- und Java-Programmen...), die wiederum Textstrukturen, Anzeigeformate, aber auch Querverbindungen, Zugriffs- und Eingriffweisen (etwa Eingabefelder ) generieren.

Der Umgang mit digitalen Texten geht somit Ÿber die klassische LektŸre weit hinaus: Im Dokuversum intertextuell verbundener Textfragmente und -Segmente wird eine von Literaten (wie Marcel Proust oder MalarmeŽ) ertrŠumte und mittels poetischer Verfahren innerhalb literarischer Fiktion simulierte 'aktive Rezeption' mšglich, die seitens der Literaturwissenschaft lediglich fŸr den Lese-Akt konstatiert worden ist (Reader-Response, textuelle Leerstelle) oder in creative-writing-Kursen als Einstieg in Schreibprozessen benutzt wird: In den Momenten des Durchquerens vernetzter DatenbestŠnde vollziehen sich Prozesse eines hybriden 'Schreib-Lesens', in denen Operationen des Lese- und Schreibaktes zusammenfallen.

Solche Mšglichkeiten des unmittelbaren Agierens mit und Eingreifens in Texte Šndern die Rolle von AutorInnen und Lesern radikal: die †bergŠnge zwischen Lesen/Schreiben, Kodieren/Dekodieren werden flie§end und die Momente der Selektion und der Navigation schreiben sich direkt als Pfade in die vernetzten DatenbestŠnde rhizomatische offener Textstruktur ein. 'Schreib-Lesen 'im Internet arbeitet mit dem Zwischenraum der Texte, in den sich Lesarten, Kommentare, Anmerkungen und Annotationen ebenso einschreiben wie  strukturelle und metatextuelle Informationscodes (Text- und Verlinkungstrukturen, Zugriffsstatistiken, Suchmaschinen-Zugriffe). Neue Paradigmen fŸr das Schreiben und Lesen in hypermedialen Environments bilden sich erst langsam heraus: Navigieren, Interagieren, Bild-Schirm-Denken, Chatten ...

Die Gestaltung und VerflŸssigung der Schnittstellen/Interfaces digitaler (Hyper-) Texte ist der grundlegende Antrieb fŸr die intertextuellen Sprachspiele der Performance CodeCruncher. Sie ist in mehrdimensionaler Weise textbasiert. Das gilt besonders fŸr die Verwendung der akustischen Elemente wie gesprochene Sprache, Sound und Musik. ãTextÒ in Form von intertextuellen und intermedialen Elementen erscheint in der Performance auf verschiedenen Ebenen. In CodeCruncher verwendete intertextuelle Elemente kšnnen nach semantischen, in bezug auf Sprache und Kommunikation akustischen sowie (musikalisch-) grammatischen Kriterien unterschieden werden. Transformiert man alle diese Elemente in neutrale und universell manipulierbare digitale Codes, kšnnen sie beliebig bearbeitet, ineinander ŸberfŸhrt und interaktiv verkoppelt werden. Es entsteht eine fraktalartige Netzstruktur in Form einer ãHypermedialitŠtÒ im engeren Sinne, in der jedes Element mit jedem anderen vielfach verbunden, durch ein anderes ausgelšst und/oder dieses steuernd begleitend in Erscheinung treten kann.

Die Performance selbst kann so als eine Art ãInterfaceÒ zu dieser HypermedialitŠt betrachtet werden, indem die drei ausfŸhrenden Akteure interagierend einzelne Elemente herausgreifen und sicht- und hšrbar zum Mittelpunkt des sich ausspinnenden Netzes werden lassen. Die materiellen Werkzeuge und somit die Instrumente dieses Interfaces sind verschiedene Computersysteme, welche als Universalmaschinen die digitalen Codes in diesen Netzen manipulieren. Die Computersysteme werden in der Performance ihrerseits zu bespielbaren ãHyperinstrumentenÒ, die Bilder, KlŠnge, Sprache und Animationen als Ausgangsmaterialien (so wie die Tšne eines Klaviers) bereit stellen und transformieren. Dazu kommen von den ausfŸhrenden KŸnstlern live gesprochene und gespielte Sequenzen, die einerseits in realtime in das hypermediale Netz eingespeist werden, andererseits auf einer Metaebene bereits vorhandene Elemente steuern, manipulieren und transformieren. Durch dieses vieldimensionale kŸnstlerische Spiel mit und in Strukturen, wird der 'harte' digitale Code zum weichen und flexiblen Medium im Sinne einer wetware - zum 'gecrunchten' Material.

Im so gecrunchten Code ist ein Bild oder ein Klang mehr als in seiner bisherigen traditionellen kulturellen Bedeutung/Umgebung. Bilder und KlŠnge werden zum flŸssigen Mediengestalten in virtuellen RŠumen, ausschlie§lich einer ebenso virtuellen Phantasie-Physik gehorchend, sie bewegen sich durch verschiedene AggregatszustŠnde, ihr mediales Erscheinungsbild entsprechend permanent verŠndernd.

Das (Schrift-)Bild eines Textes wird zum abgetasteten Code von gepixelten Schwarz-Wei§-Sequenzen, welche wiederum von einem algorithmischen Audio-Composer in KlŠnge umgesetzt, diese abermals abgetastet in Metainformationen einer Midi-Sequenz, einen synthetischen Sprachsynthesizer steuern kšnnten. Das Ganze geht auch andersherum. Oder ausgehend von einem gesprochenen Wort bis hin zur Graphik, deren digitale Animation Ÿber die Analyse eines Soundsamples gesteuert wird. Bilder werden zu KlŠngen, KlŠnge zu Steuerinformationen, Steuerinformationen mittels Sprachsynthesizer zu gesprochener Sprache und diese etwa Ÿber die Steuerung der Variablen einer fraktalen Gleichung wiederum zu komplexen Grafikanimationen.

Im stŠndigen Flu§ dieser Transformationsprozesse bedarf es der menschlichen Intelligenz und kŸnstlerischen Imagination, um die hier technisch beschriebenen AblŠufe, die ja sowohl jedes fŸr sich als auch in ihrer erklingenden Gesamtheit immer ebenso TrŠger von Bedeutung sind, so zu gestalten und miteinander in Beziehung zu setzen, da§ nicht technische Verfahren vorgefŸhrt, sondern kŸnstlerische Formen gestaltet werden. Dabei kommt auch hier der Kommunikation der Akteure wŠhrend der Performance, dem miteinander Spielen im Rahmen einer ausgearbeiteten Partitur (wie etwa bei einem Streich-Trio), das weitgehend Ÿber das fragile VerhŠltnis von Reaktion und Improvisation stattfindet, eine zentrale Bedeutung zu.

Ebenso zentral ist das VerhŠltnis der einzelnen visuell und akustisch gespielten Elemente im Rahmen des Gesamtablaufs und damit natŸrlich auch deren Vorauswahl und Aufbereitung. Ein Sprachsample, welches etwa zur Steuerung von Grafiken genutzt wird, trŠgt nach wie vor seinen eigenen semantischen Charakter. Es kann im Rahmen der Performance sowohl als ãKlangÒ wie auch als ãInformationÒ gehšrt werden. Das Changieren zwischen diesen Ebenen - sowohl von den Performern als auch von den Rezipienten - schafft ein besonderes SpannungsverhŠltnis und lŠ§t die ansonsten rein technischen VorgŠnge (wie bei einem guten Pianisten auch) zum Gegenstand Šsthetischen Erlebens werden. Gleichzeitig vermittelt CodeCruncher damit auch eine Ahnung, welches kŸnstlerische Material in den kleinen Rechenkisten schlummert, wenn sie entsprechend eingestzt und inmal sinnlich-utopisch anstatt rein rational auf ihre Mšglichkeiten hin befragt werden. Die technische Seite des in CodeCruncher verwendeten Instrumentariums macht - im Falle des Gelingens - nicht die KŸnstler zu Technikern, sondern die Technik - im Sinne Adornos - zu ãkunstfŠhigem MaterialÒ.

 

http://www.hyperdis.de

http://audio.uni-lueneburg.de

----------------------------------------------------------------------------------------

zu 10

Michael Harenberg & Frank Fiedler

DAS PYTHAGOR€ISCHE KOMMA

konzertante Installation

fŸr Monochord und Echtzeit-Prozession

Bezogen auf den Ton c wird  das Intervall zu His als "pythagorŠisches Komma" bezeichnet, ein FrequenzverhŠltnis von 80/81 oder 1 : 1,01250, das sich rechnerisch aus der Aufeinanderfolge von 12 Quintschritten ergibt - wŠhrend bei heutiger Wohltemperierung der Gang durch den Quintenzirkel wieder beim Ausgangspunkt ankommt.

Pythagoras freute sich, als er an einer Saite (= mono chorda) zupfend feststellte, da§ die Unterteilung der Saite im "schšnen", das hei§t ganzzahligen VerhŠltnis auch zum "schšnen" Ton fŸhrte, der harmonisch eingebunden war in den ganzen Kosmos, in dem diese ganzen Zahlen alles beherrschen. Die Stellen hinterm Komma regten ihn nicht auf: Der Ton His kam in der antiken griechischen Musik nicht vor.

Das "pythagorŠische Komma" bezeichnet die LŸcke, wo der Kreis sich nicht schlie§t, das tragikomische Ende einer Denkbewegung. Ohne diese wŠre die LŸcke eine Stelle wie jede andre, es gŠbe nur LŸcken, durch die an allen Ecken und Enden die Mšglichkeiten einstršmen wŸrden, an die man nicht gedacht hatte bei dem Versuch, einen Kreis zu schlie§en.

Das Monochord heute ist ein 16 - bzw. 30-saitiges Instrument, wiederholt also den einen Ton, was wiederum auch nie gelingt, weswegen Ÿberhaupt dieser wundersame Obertonreichtum zur Erscheinung kommt, den Pythagoras auch errechnete, und dessen Unendlichkeit ihm zum Gottesbeweis wurde. Durch die Live-Elektronik wird dieser Klang zusŠtzlich moduliert und in den Raum transponiert.

In der konzertanten Installation mit live electronics  spielt das Monochord selbst die Rolle der "LŸcke im System", durch die unvorhergesehne Ereignisse dieses hybride Instrument aus Holz, Draht und Prozessoren zu immer neuen Metamorphosen zwingen.

(Das hier gespielte Monochord wurde unter Anleitung von Bernhard Deutz, Berlin gebaut).

 

----------------------------------------------------------------------------------------

zu 12:

ãStille PostÒ

2 CD Veršffentlichungen des Kompetenzzentrums €sthetische Strategien in Multimedia und digitalen Netzenâ Schwerpunkt Audio an der UniversitŠt LŸneburg 1999 und 2002 unter der Leitung von Dr. Rolf Gro§mann, Michael Harenberg M.A. und Dr. Martin Warnke.

 

Wir dokumentieren den Titel ãshellout sessionÒ von h-peh auf der CD ãStille Post IIÒ.

Die Idee von ãStille PostÒ war eine Remix-Folge eines vorgegebenen Titels. Der erste Remix wird zum Ausgangsmaterial fŸr den nachfolgenden. Die so entstandenen 11 Remixversionen pro CD-Projekt der Studierenden des ãKompetenzzentrums €sthetische StrategienÒ, lassen sich also auch als eine voranschreitende Remix-Reihe hšren, in der das vorhandene Material fortschreitenden De- und Rekonfigurierungsprozessen unterworfen ist. Rolf Gro§mann und Michael Harenberg sind mit eigenen Remix-Versionen vertreten.

http://audio.uni-lueneburg.de/lehre-workshops.php#

 

Stille Post 2

CD-Releaseparty

28.11.2002

"Stille Post II" versucht spielend zu beleuchten, wie ein StŸck im Laufe verschiedener Remixe immer weiter mutiert und morphiert und schlie§lich ganz woanders ankommt.

Und das geht so: Die Teilnehmer remixen sich gegenseitig. Am Anfang steht ein AusgangsstŸck. Der Zweite remixt das StŸck des Ersten. Der Dritte remixt das StŸck des zweiten, aber, wie der Name schon suggeriert, NUR in Kenntnis des zweiten StŸcks. Der Vierte remixt das StŸck des Dritten ohne die Nummer eins und zwei zu kennen...usw.

12 Stationen, 12 Wochen, jede Woche entsteht ein weiteres StŸck eines weiteren Produzenten, das dessen ganz individuelle Auffassung eines Remixes widerspiegelt. Zum Schluss dann eine Listening-Session der besonderen Art: Die PrŠsentation eines kompletten Albums, von dem jeder bisher nur zwei StŸcke kennt (nŠmlich sein eigenes und das des Vormischers). Welche Sounds sind die hartnŠckigsten, welche Hooks die langlebigsten, wer nimmt sich welche Freiheiten raus, welche StŸcke prŠgen die Kette? Entscheidet selbst.

 

1. Lawrence - Doxy 100

lawrence und die alltŠglichen gefŸhlsduseleien seiner gerŠte: verliebt in die tollen grm tools und das spektral delay und schon fŸhlt sich der sampler so alleine gelassen...

[Lawrence ist Peter Kersten]

 

MP3

 

2. Lotto - Paradoxy

Doxy 100 wirkt nicht sedativ. Ist das zu laut geflŸstert, wenn ich hier sage, dass Track No1 der Stillen Post2 Spass macht, vor allem die BD am Anfang? Schšnen Dank an Pete fŸr FlŠche, Klix, Bass und Melodie. Da muss nichts hinzugefŸgt werden, jeder Sound aus "Paradoxy" stammt aus Deiner Feder, nur wo er steht und mit welchem Pitch, bestimmt meine Maus. Nils, hier jetzt mein StŸck, viel Spass zwo drei vier.

[Lotto ist Andreas Otto]

 

MP3

 

3. Grabuk - Taxi for Fertile Valleys

Auch bei meinem Beitrag bleibt die "ich-nehm-alles-aus-der-basis" Basteltechnik erhalten. Es glockt und flŠcht wie grabuk halt. Und da 'para' bei google 'it stop«s' heisst, hŠlt mein Taxi in den TŠlern von Vegas.

[Grabuk ist Nils Dittbrenner]

 

MP3

 

4. Floating Point - Fertile Ralleys

schmatz, klick, zergel + ein paar klassische zutaten und schon wŸted der track vor sich hin. cultural studies halt, schwerpunkt metronomics.

[Floating Point ist Rolf Grossmann]

 

MP3

 

5. Dr. Markuse - March of the Fertilizers

"Kick, Punch, it's all in the vibes."

Ein harmonikoistischer Beitrag zur Beibehaltung der TrackwŸtung. Cultural Studies halt, Schwerpunkt: Erlebniswelt Klubkultur.

[Dr. Markuse ist Markus Engel]

 

MP3

 

6. Cromford - En arrire dans le puits de purin

Dr. Markuse hat den Minimalismus entfŸhrt. Als Finte muss schnell ein neuer bereitgestellt werden, um ihn in die Falle zu locken und dingfest zu machen.

[Cromford ist Timo Meisel]

 

MP3

 

7. Sy Toys - Methane

Flo schleust durch die HintertŸr ein Paar cheesy Melodien ins Studio. Um nicht so sehr aufzufallen wird das ganze dann mit nettem Geklicker garniert.

[Sy Toys ist Florian Wendtland]

 

MP3

 

8. Atomkunst - Geister, die ich riech

Wir haben uns an der Jauchegrube rumgetrieben. Verwesung und FŠulnis sind nur ein kleiner Schritt im Kreislauf des Werden und Vergehens. Erdiges Blubbern und dann noch was gasfšrmiges. Atomkunst proudly presents: Geister, die ich riech - Prayer for the SCSI-Bus Remix.

[Atomkunst sind Andreas Runte und Sabine Gottfried]

 

MP3

 

9. Offbeat Junkies - Ghost Eating Shell

Ein bisschen phertilizer zum com.post, schon freun sich die hobbygŠrtner Ÿber das eigene homegrown - smells like a mean spirit.

[Offbeat Junkies sind Harm Bremer und Pascal Dreckmann]

 

MP3

 

10. H-Peh - Shell-Out Session

Dr. Dre, Ice T und Ice Cube sagen, wie es lŠuft..sit back and relax !

[H-Peh ist Hans-Philipp Graf]

 

MP3

 

11. Monsieur Noir - Puschelmuschel Motherfucker

le monsieur liefert mit "puschelmuschel motherfucker" einen der pointiertesten BeitrŠge zur aktuellen Gewaltdiskussion und ruft der Nation zu: Wenn schon schiessen, dann bitte Tore! ...vielleicht macht er aber auch diesmal einfach nur dufte Tanzmusik...

[Monsieur Noir ist Oliver Schwarz]

 

MP3

 

12. Carl Globus - Pousseur, Pornking

Monsieur Noir hat seine Klaenge ja kraeftig eingespannt. Alle waren ein bisschen muede. Also hab ich ihnen ein Holzgitarrenbett gebaut und sie gro§flaechig zugedeckt. Dort liegen sie jetzt und erzaehlen sich vorm Einschlafen von vergangenen Taten.

[Carl Globus ist Tobias Ruderer]

 

MP3

 

Stille Post I

Wer wissen mšchte, welchen verwinkelten Verlauf die erste erste Remixkette aus dem Jahr 2000 genommen hat, kann sie sich hier anhšren.

 

Stille Post I als Stream und zum Runterladen 

Credits:

Idee, Konzept, Projektleitung und Koordination: Heiko H. Gogolin

Umsetzung fŸr glizz.net: Timo Meisel

 

©2002 €sthetische Strategien in Multimedia und Digitalen Netzen (Schwerpunkt Audio) in Kooperation mit glizz.net

http://www.audio.uni-lueneburg.de/

http://www.glizz.net/